Sonntag, 30. August 2015

Ertappt!

Als es in der vergangenen Woche wieder einmal für 24 Stunden kein Wasser gab, zeigte es sich, dass unsere "Seelensammlerin" Signora E. weit mehr ist. Sie sammelt sie nicht nur, sie kümmert sich auch um sie und fühlt sich verantwortlich. Beruhigend wirkte sie auf ihre zornige Nachbarschaft ein, und bot jedem zumindest für den Kaffee oder zum Kochen der Pasta  aus der Zisterne in ihrem Garten mit ihrem spärlichen Kochgeschirr Wasser-Rationen an. Und das mit nur einer Hand, weil die Reste von ihrem rechten Unterarm ja in einer Prothese stecken. Und die Natur-Stufen hinunter sind auch nicht ohne und erfordern vorsichtiges Balancieren.

Für mich ist sie ein typisches Beispiel für das Sprichwort "Glaube kann Berge versetzen". Vom Alter nahezu unschätzbar mit ihrem Mädchen-Pagenkopf, entwickelt sie Beharrlichkeit und Energie, Strenge und Güte in einem Maße, wie man sie heute kaum noch erfährt. Manchmal möchte man ungläubig über sie schmunzeln. Aber das habe ich mir längst abgewöhnt.

Zum Beispiel ihre Rezepte für allerlei Wehwehchen.

Als ich fast den ganzen Juni hindurch Lumbago-Probleme hatte, passierte folgendes. Ich konnte Sitzen, Stehen und Liegen, aber die kleinste falsche Bewegung jagte mir unglaubliche Schmerzen durchs gesamte Nervensystem. Ich hatte gerade auf der Bank vor dem Haus eine schmerzfreie Position gefunden, als sie mit zwei Kinderkopf großen Tomaten kam. Wie immer sprang ich höflich auf, um sie zu begrüßen, aber der Schmerz jagte mich unmittelbar in das blaue Firmament über der Piazza. Fast - so schien es mir - hätte ich dabei einen der kreisenden Rauhfuss-Bussarde vom Himmel geholt.

Als ich wieder in der vermutlich schmerzfreien Realität der Piazza angekommen war, sagte die Signora:
"Mach dir einen Brei aus Honig, Olivenöl, zerstoßenem Ingwer, einer Peperoncino und frischen Salbei-Blättern."
Albern und unwissend entfuhr mir ein "delicioso!".
"Nicht zum Essen Dummerchen! Das lässt du von deiner Frau im Schmerz-Bereich auftragen."

Ich blieb misstrauisch beim Voltaren, und die Schmerzen blieben.

Am nächsten Tag geht "Gutemiene" die Frau von "Majestix" über die Piazza und sieht mich schmerzverzerrt. Das Paar in unserem Alter, das in den Posts so heißt, weil es dem Häuptlingspaar aus Asterix und Obelix so ähnlich sieht (sie mit dickem blonden Pferdeschwanz und energischer Firgur, er klein, drahtig aber bestimmt), kommt immer häufiger zu unseren Gelagen auf der Piazza, Deshalb kennen wir natürlich die wahren Namen und sind dem Paar herzlich zugetan.

Daher erzähle ich ihr auch von dem Rezept der Signora E., und sie senkt sofort ihr Stimme:
"Das wende ich seit über dreißig Jahren an. Mein Mann, der Lustmolch, hat mich früher sehr gerne eingerieben. Einmal ist dabei wohl unsere Tochter entstanden..." Zwinkert kumpanenhaft und geht von dannen.

Mittlerweile weiß ich auch, weshalb jeder iauf der Piazza ehrfürchtig die Stimme senkt, wenn er von der "Seelensammlerin" spricht. Einerseits, weil die nach Westen offene Piazza ein gewaltiger Resonanzkörper ist, der direkt in Singnora E's  Haus in die Gasse unterhalb schallt. Aber viel dramatischer ist andererseits, die Tatsache, dass sie nahezu jeden der Burggeister einmal im Kommunions-Unterricht unter ihren strengen Fittichen hatte.

Die Langzeitwirkung scheint ungebrochen, was ich am Beispiel unseres Nachbarn Vittorio erleben durfte:

Am frühesten Morgen nach unserem vergeblichen Warten auf Wasser sehe ich Vittorio nackt bis auf bunte Boxer-Shorts auf der Brunnen-Mauer sitzen und genüsslich eine Zigarette rauchen, was er ja wegen seiner beschädigten Stimmbänder nicht tun soll. Sogar sein "Hundkater" Lazaro, der wie eine ägyptische Statue straff neben ihm sitzt, starrt ihn missbilligend an.

Wir flüstern also über den Verbleib des Wassers, als unter ihm die Haustür von Signora E. aufgeht.
Hastig wirft er die halb gerauchte Zigarette weg, da kommt die "Seelensammlerin" schon mit ihrem Wasser-Eimerchen am Arm die Treppe hoch.

"Tü fümü!", faucht sie böse mit ihrer Stentor-Stimme im Dialekt.
"No, No", winselt Vittorio, aber die Signora schaut nur stumm auf den Glimmstengel der zu ihren Füßen raucht. Bei jedem Mann in Vittorios bleicher Blöße hätte die Signore beschämt ihren Blick gesenkt. Nun war es der graue Panter Vittorio, der seinen Kopf hängen ließ...

Wieder einmal ertappt!

Donnerstag, 27. August 2015

Southern Walking

Als einer, der an vorderster Front dafür gearbeitet hat, dass Deutschland am Stock geht, besser gesagt, mit Stöcken geht, kenne ich mich ganz gut mit Massenbewegungen aus. Die meisten boomen zunächst, dann werden sie kleiner, und am Ende trifft man in den Wäldern und Parks den kleinen Kern echter Anhänger. In Bayern werden die, die Nordic Walking betreiben "Steckerl-Hatscher" genannt. Was ein wenig gewollt diskriminierend klingt. Mit Stöcken beim Gehen fördert der Mensch auf alle Fälle seinen aufrechten Gang - was vielleicht von der Staatsregierung gar nicht so gewollt ist...

Dennoch gibt es in Bayern viele schöne und markierte Trails mit einer gewissen Infrastruktur. Doppelt so viel wie beispielsweise in ganz Italien. In Ligurien habe ich bislang noch keinen gesehen, und wenn man auf den markierten Seitenstreifen unseres Rad-Fernwanderwegs die Küste entlang mal in der Nachsaison mutig mit Stöcken Ausschreitende trifft, sprechen die Deutsch.

In den vergangenen Wochen war es so heiß, dass auch die unvermeidlichen Rennradler die Küste eher mieden. Das etwa 600 Meter lange markierte Teilstück, dass in der Mitte durch die Zona Divertimento führt, dient eher als Erinnerung, dass der Weg irgendwann mal frei von Unterbrechungen fertig ist, wenn die alte Bahnstrecke endlich aufgelöst sein wird. Das kann aber dauern, weil es Gerüchten nach bei der Brückenverbindung über den Impero zwischen den beiden künftigen Bahnhof-Tunnels zu Höhen-Divergenzen gekommen sein soll... Stuttgart 21 lässt grüßen.

In den heißen Wochen war die Zona Divertimento ausgestorben. Selbst einige unserer Stamm-Restaurants am Pier machten mittags dicht, wenn sie nicht wegen Ferragosto gänzlich geschlossen hatten. Die Leute waren den ganzen Tag am Strand oder in den vermeintlich kühleren Bergtälern.

Seit die Temperatur wieder deutlich unter 30 Grad gesunken ist und die Windstille durch den beinahe permanent wehenden Scirocco verjagt wurde, werden von der arbeitenden Jeunesse Doree Imperias Hafen und Mole in der Mittagspause wieder zum sportlichen Schaulaufen genutzt.

Vor allem der männliche Beobachter ahnt schnell, dass dabei Stöcke nur hinderlich wären. Denn beim Southern Walking werden neben den Armen und Beinen vor allem die weiblichen Attribute bewegt. Schnell in ein möglichst enges Trikot geschlüpft und geschmeidig Laufen oder Gehen, damit alles gemäß den kybernetischen Regeln in Bewegung kommt..

Ich habe ja die "Zweitbeste", die niemals schimpft, wenn ich meinen begeisterten Beobachtungen mit einem leisen Kommentar Tribut zolle. Schließlich hat sie ja auch ganz schön zu gucken, wenn die Adonisse mit nacktem Oberkörper und knappsten Laufhosen an uns vorbei traben...

Southern Walking lässt eben auch bei Unbeteiligten den Puls höher schlagen. Was bei der Ansicht in Grüppchen schnatternder Damen und abgehetzter Manager-Typen in buntesten Schlabber-Anzügen der Nordic-Walking- Ausstatter eher weniger der Fall ist.

Montag, 24. August 2015

Auferstanden von den Toten

Seit die Burggeister aus dem Ausland angefangen haben, den Borgo zu retten, gab es zur Belohnung "italienische Momente" im Fisch-Restaurant Da Beppa am alten Hafen von Oneglia, der heutigen Zona Divertimento. Dann starb die alles beherrschende Patrona, und ihre Nachfolger sparten erst an der Qualität, dann an der Gastlichkeit.

Bei unserem letzten Besuch als Stammgäste zu Sylvester 13/14 wurden wir nicht nur abgezockt, sondern auch ignoriert (wir waren zu siebt mit Kindern und Anhang) weil irgendein Pezzo Novanta mit einer Riesen-Gesellschaft eine Hummer- und Schampus-Orgie veranstaltete.

Nie wieder! Schworen wir uns. Es war, als hätten sie uns ein Stück Heimat weg genommen...

Im Frühjahr war Da Beppa - wie bereits berichtet - schließlich am Ende, und ein neuer Wirt dabei, die Einrichtung und die Innenraum-Gestaltung zu erneuern. Aber weil das äußere Ambiente bis heute immer noch herunter gekommen aussieht, haben wir den Nachfolger erstmal gemieden, obwohl Da Beppa seit Juni wieder offen ist.

"Die Zweitbeste" ist ja nicht so nachtragend wie ich, und predigt stets man soll den Nachfolgern nicht die Sünden der Vorgänger anlasten. Ich bin ja nicht so bibelfest, aber habe mich am Samstag dennoch überreden lassen.

Und siehe da, wir wurden belohnt. Deshalb die Nachricht an alle, die früher Fans waren: Es lohnt sich wieder. Und an die, die noch bei der Durchreise alte, hochlobende Reiseführer haben: Geht mal hin.

Bei "Erstbesuchen"  haben wir uns angewöhnt, zunächst ligurische Standards zu bestellen.
Die "Zweitbeste" hatte als Vorspeise Polpo e Patate und ich ein Thunfisch-Tartar. Ersteres war delikat umido und küchenmeisterlich nach oben ausgereizt, aber im Gegensatz zum alten Beppa konnte das Auge mitessen. Der Teller war  schmackhaft auf dem Rand mit Kohl-Zesten dekoriert, was beim Naschen eine gewisse zusätzliche Komponente gab.
Meine ordentliche Portion Tartar kam mit zusätzlichen Gewürzen und Kapern auf dem Rand des tiefen Tellers. Aber die wurden gar nicht benötigt. Bei der ersten Gabelspitze verdrehte ich schon die Augen vor Genuss: klasse Öl, leichter Zitronen-Abrieb - freschissmo!

Zum Hauptgang hatte meine Frau eine große Scheibe Schwertfisch vom Grill, die, obwohl wir sie kurz gegart geordert hatten, ein wenig zu lang drauf war. Das tat ihr aber wegen des hervorragenden Öls und dem perfekt gegrillten Gemüse rundherum keinen Abbruch. Die "Zweitbeste", eine echte Spezialistin, war jedenfalls begeistert.

Ich hatte mein Lieblings-Essen Fritto Misto bestellt. Wenn Panade und Öl stimmen, kann man da eigentlich nichts falsch machen, wohl aber gekonnt Tricks anwenden: Auch wenn die Panade nicht ganz so leicht war, wie ich es gerne habe, war sie eben besonders knusprig. Das Gemüse wurde mit frittiert, was die Portion sehr groß erscheinen ließ. Ein Riesen-Gambero mit kleinerer Schwester Gamba krönte den Berg. Zwei Sogliolini hatten eine extra Kruste, ein halbes Dutzend Alici waren gretenlos und absolut saftig und die Calamari und Totani bestachen mit ihrem Eigengeschmack.

An den Nachtisch konnten wir uns dann wegen der Bauchesfülle nicht mehr machen. Das alte Da Peppa hatte eine legendäre Creme Caramelle mit Zuckerkruste und Sauce. Die Erinnerung wollte sich "die Zweitbeste" nicht zerstören.

Schließlich gibt es aber doch eine Kleinigkeit zu meckern. Es gibt eine Wein- und eine Bier-Karte mit farbigen Hochglanz-Fotos, die wir schon von einem Aufenthalt in Genua kannten - also auf einen Caterer hinwiesen. Schlecht ist dann, wenn die preiswerteren Weine alle vergriffen sind. Wir hatten dann aber eine absolut überzeugende Flasche Pigato, die nicht auf dieser Karte stand, und ahnten schon eine Abzocke. Was aber nicht eintraf.

Inklusive Coperto drei Espressi und Sambuca zahlten wir vom Wirt abgerundete 70 Euro. Beim  nächsten Mal nehmen wir Fisch aus der Frisch-Theke...

Freitag, 21. August 2015

Am Tag als der Regen (doch nicht) kam

Seit Tagen das gleiche Bild: Dicke, graue, triefend feuchte Wolken ballen sich bis Mittag über der Burg. Dann dringt der Libeccio aus Südwest in unseren Talkessel und erzeugt ein kreisrundes Loch aus dem tiefsten Blau, das die natürliche Farb-Palette hergibt.

Seit Beginn der letzten Juniwoche hat es hier nur zwei, dreimal kurz getröpfelt. Selbst die Ältesten können sich an eine derartige Trocken-Periode nicht erinnern. Unsere Flüsse Impero und Prino sind infolge dessen nur noch Rinnsale.

Weniger mit Besorgnis als mit Hoffnung schauen wir jede Nacht nach Norden, wo über dem Kessel von Pieve di Teco in einem Blitzlicht-Gewitter hoffentlich ergiebige Niederschläge herunter gehen. Denn von dort kommt das herrliche Wasser, das bislang noch ohne Probleme aus unseren Leitungen sprudelt.

Die Laubbäume im Tal sehen schon komplett herbstlich aus und verlieren ihre Blätter. Nur die knorrigen Steineichen und die alles - außer Feuer - überlebenden Oliven-Bäume vermitteln direkt vor unseren Augen eine trügerisch grüne Vegetation.

Gerade habe ich mit einem Freund aus Deutschland via Skype kommuniziert. Allenthalben das gleiche Bild.

Die großen Gletscher der Alpen schmelzen im Rekordtempo wie die Eiswürfel in meinem Whisky-Glas zur Happy Hour. Ob ich ihn wohl bald pur trinken  oder ihn zum Zähneputzen missbrauchen muss?

Das Witze Reißen kann einem schon vergehen, wenn es Sendungen über den Baikal-See oder das Tote Meer gibt, die deren dramatisch zurück weichenden Wasserspiegel dokumentieren...

Da fällt mir doch wieder der zum Beginn der "Grünen Welle" vor einigen Jahrzehnten so häufig kolportierte Spruch der Cree-Indianer ein:

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“

Viel zu spät will Barak Obama nun den Weg zur ökologischen Verbesserung gehen, und viel zu spät hat unsere Kanzlerin sich zu einem Weg bekannt, den sie bereits als Umweltministerin unter Helmut Kohl längst hätte einschlagen müssen.

Selbst wenn es jetzt zu ergiebigen Niederschlägen käme, hat die Trockenheit die Böden hier hart versiegelt. Dann wird es wieder zu Sturzbächen wie in Rio Maggiore in den Cinque Terre kommen, die alles bis ins Meer mitreißen und für dessen permanenten Anstieg sorgen.

Hat mich jetzt das Leben hier in und mit der Natur, als Nachbarn von Leuten, die seit Jahrhunderten von ihr leben müssen, vom 'Saulus zum Paulus' gemacht? Leider nein! In ein paar Wochen sitze ich wieder mitten in München und rege mich über den regnerischen Herbst auf, in dem ich nicht Radeln mag...

Dienstag, 18. August 2015

Abendmahl

Diesmal war die Tafel so lang, dass keine passenden Tischdecken gefunden wurden. So mussten die Teilnehmer an diesem denkwürdigen Cena in Piazza ihre Teller und Gläser auf die blanken Tische stellen. Erstaunlicher Weise sorgte dieser Umstand sogar für mehr Authentizität. Die streitbaren Grafen Gandolfo - so sie denn von oben oder unten - zugeschaut hätten, wären von dem mittelalterlichen Szenario bestimmt begeistert gewesen. Denn die Tafel reichte vom Brunnen quer über den Burgplatz, so dass die Jugend sogar auf den gegenüberliegenden Steinbänken am Tisch sitzen konnte.

Denkwürdig war der Abend aus zweierlei Gründen: Die Initiative hierzu ging von unserem Nachbarn, dem Hotelier aus Rom aus, der auch den Löwenanteil am "Catering" hatte. Er hatte zu Ferragosto seinen Chef eingeladen und gemeinsamen Freunden aus Kindheit und Schulzeit bescheid gegeben. Das sorgte erstmals für Deutschland in Unterzahl: Italien 16, Frankreich 4, Deutschland 3.

Das forderte höchste Konzentration bei der Unterhaltung, denn nur wenige der Italiener waren mehrsprachig. Gut, dass im Zentrum Susanne mit ihrer Lobbyisten-Tochter Lorette saß, die ja beide völlig mühelos von einer Sprache in die andere wechseln konnten. Dodo, ihr Mann, ist schlau. Er gibt den Maulfaulen, obwohl er jedes deutsche Wort versteht, nötigt er mich, mein eingerostetes Französisch hervor zu kramen. Da ich aber während der großen Hitze ausschließlich amerikanische Original-Serien "gebingetwatcht" habe. Geht das in meinem Hirn zu, wie nach dem Turmbau zu Babel. Manchmal kommt ein Kauderwelsch heraus, das so klingt, als spräche ich die mittelalterlich Lingua Franca, - was ja irgendwie passend wäre. Allerdings habe ich die ersten zwei Glas Wein vor lauter Heiterkeit auf nüchternen Magen herunter gekippt. Was meiner Zunge zwar zu großer Freiheit verhilft, aber den Worten doch recht wenig Sinn gibt.

Gut, dass es dann überreichlich zu Essen gibt: Auf Nebentischen stapeln sich zwei für ein ganzes Hotel reichende Spezial-Lasagne mit winzigen handgedrehten Fleischbällchen. Dazu duften ein riesen Kringel frisch gebratener ligurischer Würste sowie Chickenwings vom Grill.

Allein das hätte neben dem Nachtisch-Buffet gereicht, um den ganzen Borgo zu mästen. Aber dazu kamen ja noch Schüsseln mit Nudel- und Kartoffel-Salat, Mit Tonnato und Kapern gefüllte Tomaten und ein köstlicher Frischkäse-Dip mit Bündeln von Grissini.
So kommt das eben, wenn ein mit anderen Dimensionen vertrauter Hotelier unterstützt von Susanne und der "Zweitbesten" die Organisation leitet...

Die Gespräche rissen auch mit vollstem Mund nicht ab. Es war einfach eine märchenhafte Stimmung, wozu auch die nun wieder milderen Temperaturen beitrugen.

Immerhin gelang es mir dann doch wieder, meinen neuen Lieblingswitz in vier Sprachen zu erzählen.

Hier kommt er in Deutsch:

Eine Schildkröte  macht einen nächtlichen Spaziergang in New Yorks Central-Park und wird promt von einer Bande Schnecken überfallen. Der ermittelnde Polizist fragt die völlig außer Atem geratene Schildkröte:
"Können Sie sich denn an irgendetwas erinnern?"
Die antwortet: "Sorry Officer, aber das ging alles so schnell..."

Freitag, 14. August 2015

Das junge Europa

Wir leben auf der Burg, seit es den Euro gibt. Anderthalb Jahrzehnte haben im Alter eine andere Dimension als im Heranwachsen eines Menschen. Das sehen wir jeden Sommer, wenn die Kinder der Burggeister ihre Ferien hier oben verleben. Manche konnten kaum laufen, wenn sie über die Piazza balanzierten, andere hatten die Knie voller Schrammen, weil sie ihr Geschick beim Toben treppauf, treppab gefährlich überschätzten.

Die meisten sind heute im Teeny-Alter, was bedeutet, dass wir sie wohl nicht mehr oft zu sehen bekommen, weil die Burg weniger spannend ist, als daheim auf eigene Faust mit Freunden abzuhängen oder mit denen erste eigene Urlaubs-Schritte zu wagen. Bei unseren beiden war das genauso. Jetzt als Mittdreißigern fehlt ihnen wegen der Arbeit häufig die Zeit. Aber das bedauern sie sehr, weil unser Haus hier wieder so etwas wie ihre Heimat geworden ist.

Wenn ich sehe, was aus den Bambini von einst für prächtige Mannsbilder und Mädels geworden sind, dann stelle ich automatisch Parallelen zu Europa an. Sind wir nicht zu ungeduldig mit unserem Youngster? Schließlich ist dieses Europa ja gerade mal in der Pubertät. Mit all den Gefühlsblähungen  und Rebellischkeiten, die diese Phase so mit sich bringt.

Hier oben sprechen die Jugendlichen unkompliziert in vier Sprachen miteinander, weil sie mindestens zwei absolut fließend beherrschen. Sebastiano, der Sohn von unserer Freundin Petronella ist ja ohnehin mit Deutsch und Italienisch aufgewachsen, aber das Internet sorgte auch dafür, dass sein Englisch gut ist.

Susanne, die Tochter von Paul und Paula, mit einem Franzosen verheiratet, hat drei Mädchen. Zwei Twens, die ihre Vielsprachigkeit im Hotelgewerbe und in der Brüsseler Lobby einsetzen. Die Nachzüglerin, die gerade lange Beine bekommt und erste Schmink-Versuche unternimmt, wird vermutlich etwas mit Mode machen.

Das ist lustig, wenn die morgens unter unserem Schlafzimmer-Fenster zum Strand aufbrechen,  weil sie je nach Tagesform in Französisch, Deutsch und wenn der Hotelier aus Rom dazu stößt, der auch zwei mehrsprachige Teenys hat, auch noch in Italienisch gleichzeitig aufeinander einschnattern. Von wegen babylonische Sprachverwirrung!

Am Sonntag wird so ein babylonisches Cena in Piazza mit dieser Nachbarschaft stattfinden. Und dann lauschen wir Alten den Mittelalten, wie die in ihrer Jugend halsbrecherisch über die Dächer und Zinnen der Burg getobt sind. Susanne und der Hotelier, der ja hier geboren ist, als Anführer der Rasselbande, die alle eine lebenslange Freundschaft verbindet. Beide sind heute 50...

Ginge es nach der Burg, bräuchte einem um das junge Europa nicht bange zu sein.

Dienstag, 11. August 2015

Blöde Blogger!

Was müssen die angestellten Redakteure für eine Angst vor dem Zeitungssterben haben, wenn jetzt auch auf den hochbordigen Schlachtschiffen Sparmaßnahmen ergriffen werden? Da kann man schon mal gegen vermeintliche Konkurrenz textlich unter die Gürtellinie hauen.

So geschehen im Streiflicht der aktuellen Wochenend-Ausgabe der honorigen Süddeutschen Zeitung. Für FZ- und WAZ- Leser.: Das Streiflicht gilt seit jeher als Juwel des "Kolumnismus". Seine Autoren bleiben aus Tradition anonym und wurden früher redaktionsintern ob ihrer fabelhaften Formulierungs-Künste als Egg-Heads bezeichnet.

So ein Eier-Kopf hat nun entweder Twittern und Tweeten mit dem Bloggen verwechselt, oder er schreibt in einer Ahnungslosigkeit und Unwissenheit, die er in seiner Kolumne generell den Bloggern unterstellt.

Ich will eigentlich nicht mehr mit Schaum vor dem Mund schreiben, aber ich nutze heute mal die Vorteile dieser Internet-Publikation zu einer ähnlichen Polemik.

Damit meine Leser verstehen, wovon ich schreibe, habe ich unter Berücksichtigung der Zitat-Grundsätze hier einige Passagen vom Streiflicht zu meinem Text gestellt. Ich werde provokant, obwohl ich weiß, dass der Autor meinen "Schönwetter-Blog" niemals lesen wird.

Hier also ein paar Fragen an Anonymus:

Liest er seine eigene Zeitung nicht? Hat er vergessen, dass gerade  ein saudischer Blogger zu tausend Stockhieben und mehr verurteilt wurde, weil er seine Wahrheit publiziert. Hat er den iranischen Blogger, der für die Gleichberechtigung der Frauen in seinem Land schrieb, an dem Baukran hängen sehen? Ignoriert er, dass ein chinesischer Blogger wegen Aufwiegelns in einem Fußballstadion vor tausenden Zuschauern erschossen wurde? Dass in der Türkei trotz Repressionen, das Netzwerk der Blogger noch die einzige Chance sein wird, den durch Erdogans Größenwahn eingeschlagenen Weg in eine "hitlerartige" Diktatur  zu blockieren?

Aber man muss ja auch nicht auf offener Straße erschossen werden - wie der russische Kollege, um zu dokumentieren, dass Bloggen eine nicht mehr aufzuhaltende Form der kontrovers kritischen Publikation ist, um Stellung zu beziehen.

Grundsätzlich verbrauchen Blogger nur ein wenig Strom und ihre eigene Zeit, für die sie meist auch nicht bezahlt werden. Selbst wenn sie nicht kompetent sind, haben sie immerhin den Mut, von ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch zu machen. Der, der solche Blogs anklickt, tut dies aus freien Stücken ohne aggressive Abo-Werbung, wie das bei den Apps ohne Möglichkeit zur Gegenwehr geschieht.

Der Erfolg bei den Zugriffen hängt allein von der Thematik, der Kontinuierlichkeit und der textlichen Güte ab. Der Blogger kann sich nicht wie manche angestellten Redakteure durch eine Vielzahl ungelesener Seiten schmuggeln.

Ein Redakteur von der "ZEIT" hat dafür längst den Beweis geliefert, indem er bei seinem Blog Zugriffs-Zahlen erzielt, die das Traditions-Blatt heute gerne mit seiner Auflage noch erreichen würde.

Aber selbst wenn sich ein Blogger vermeintlich der Lächerlichkeit preis gibt, ist das doch mutig. Deshalb erkläre ich mich mit der deutschen Burgblog-Kollegin, die der Eierkopf aufgespießt hat,solidarisch und werde ab sofort ihren Blog regelmäßig besuchen. Sie kann nämlich publizieren, ohne dass ein besserwisserischer Vorgesetzter ihren Artikel dreimal umschreiben lässt...

Samstag, 8. August 2015

Die stummen Mahner

Was habe ich in Kindertagen für üble Sachen über die Menschen aus dem Süden zu hören bekommen: Faul, trügerisch, nur daran interessiert Liebe und unendlich viele Kinder zu machen.
Ausgerechnet die sind in unser kaltes Klima gekommen, haben sich bei Akkordarbeit zu Niedrigstlöhnen den Hintern ab gefroren und so für den konkurrenzlosen Wohlstand unseres Landes gesorgt.

Jetzt im Klimawandel, der dafür sorgt, dass es zur Zeit in Deutschland sogar heißer ist, als hier in Italien, werden die überlebenden Spötter von einst vielleicht endlich spüren, was es auf Dauer heißt in einem Klima zu leben, bei der die Nachttemperatur nicht unter 30 Grad sinkt.

Vor ein paar Jahrzehnten habe ich noch in den heißesten Ländern der Welt meinen Job verrichtet. Bei einer Indien-Reportage hatte ich innerhalb von vier Wochen 15 Kilo abgenommen und war ziemlich ausgelaugt.

Seit über einem Monat schleiche ich nun im Schnecken-Tempo herum. Vorletztes Wochenende haben wir dann die Flucht in die Berge angetreten - wie die halbe Bevölkerung der Costa dei Fiori. Jeder Bergtümpel, jedes Rinnsal zu denen die sonst stolzen Gebirgsflüsse geworden waren, fanden wir umlagert.

Jetzt in der Ferragosto-Woche kommt die Arbeit zu recht an zweiter Stelle, aber es ist längst nicht mehr so wie in Kindertagen, in denen sie zum Erliegen kam, weil Klima-Anlagen noch ein Luxus waren. Chiuso per ferie? Von wegen! Wir gehen Einkaufen, weil die Großmärkte so schön kühl sind.

Und wenn wir dann beladen zur Burg hoch gekeucht sind, begrüßen uns die stummen Mahner unserer eigenen Untätigkeit:

Auf der Fensterbank in der Küche lungern ein langer Pinsel und ein Waschel herum, weil ich die Feuchtigkeitsschäden des Winters immer noch nicht beseitigt habe. Auf der Kommode im Esszimmer wartet eine Blattsäge darauf, dass ich  mit ihr eine Vorhangstange kürze, was wiederum für die Zweitbeste die Ausrede ist, dass die bald nicht mehr frisch gewaschenen Vorhänge noch nicht hängen. Und dann der Tacker. Ein Polster-Gurt sollte erneuert werden, aber dazu müsste man ihn eben in so einem altertümlichen Laden mitten in der Altstadt erst kaufen...

Habe ich gerade mit meinem kochenden Kopf überlegt, ob ich ein Schild an die Tür hänge?

Chiusu per ferie! 

Mittwoch, 5. August 2015

Lauch-Risotto mit grünem Pfeffer

Also wirklich! Da gibt es gefühlte hundert Koch-Sendungen im Fernsehen und Kochbücher stehen hoch im Kurs, aber dann gibt es Leser, die Mails schicken, wieso denn so lange kein Rezept mehr gekommen ist...

Um ehrlich zu sein, war es in den letzten Wochen derart heiß, dass es das bloße Entzünden unseres Gas-Herdes Kochen zur Tortur machte. Allenfalls haben wir den Ofen für Klassiker al forno angemacht. Die Zeit für das Abendessen haben wir gen Sonnenuntergang verschoben, was leicht Verdauliches erforderte. Hier also einer meiner Sommer-Knüller. Klingt nach nichts, ist aber überrraschend köstlich. Zubereitung dauert etwas 20 Minuten, die man allerdings bei kleiner Flamme am Topf verbringen muss, denn Risotti sind immer eine rührende Angelegenheit:


Zutaten:

1 Kaffeetasse runder Risotto-Reis
1 Stange Lauch
2 Esslöffel Butter
2 Teelöffel abgespülter, grüner Pfeffer
1 kleine Knoblauchzehe 
1 Teelöffel brauner Zucker
1 Teelöffel grobes Meersalz
1 Glas guter Weißwein
1/8 l Sahne
1 Würfel Gemüse-Brühe

Zubereitung:

Lauch-Stange gründlich Putzen. Dann den dunkelgrünen Teil grob zerschneiden und mit dem Brühwürfel auskochen.
Den weißen Teil in wirklich feine Scheiben schneiden und mit der Butter in einem flachen Topf anschmoren, bis das ganze glasig wird.
Währenddessen Knoblauch, Zucker, Salz und grünen Pfeffer in einen Mörser geben und gut verreiben. Dann das Verriebene zu den schwitzenden Lauch-Scheiben geben und schön mit der nun braunen Butter verrühren. Nun wird der Reis hinzu gegeben und etwas zwei Minuten angeröstet, ehe die erste Kelle Lauch-Sud langsam angeschüttet wird.
Unter permanenten Rühren warten, bis die Flüssigkeit aufgesogen wurde, um dann weitere Kellen hinzu zu geben. Immer wieder den Biss und die Salzigkeit prüfen! Wenn der Reis nur noch einen leichten Kern hat, kommt der Weißwein hinzu.
Nun muss man beim Reduzieren aufpassen, dass der Reis nicht anhängt. Erst wenn er pappig wird, kommt schließlich die Sahne hinzu, um den Risotto wieder schlunzig zu machen. Flamme aus!

Sauberes Handtuch zum Abdampfen drüber. Zur Deko  beim Servieren vielleicht nach Gusto ein paar Kräuter  drauf streuen.
Fertig!

Buon appetito!


Das Lauch-Risotto eignet sich übrigens auch hervorragend als Hauptgang.
Entweder kurz in Butter mit Estragon und einigen Tropfen Limonen-Saft kurz gebratene Lachsfilet-Scheiben drüber legen.
Oder vorher mit Ingwer, Limonen-Saft und  Cucuma marinierte und nur kurz angeschwitzte Flusskrebse in eine Mulde des Risotto träufeln... 

Sonntag, 2. August 2015

Magico!

Ist es nicht beruhigend, dass der Mensch in Menge auch von natürlichen, sinnlichen Reizen kollektiv und positiv stimuliert werden kann?

Sieben Grad weniger Hitze und ein paar Tropfen Regen - nach gefühlten vier Wochen Trockenheit - haben die Doppelstadt am Meer überschäumen lassen wie eine Flasche Champagner, deren Kork man knallen lässt. Es gab zwar kaum ein Durchkommen, aber einen tolleren Auftakt für den Höhepunkt dieses Sommers kann sich der Italien-Liebhaber kaum vorstellen;  wie aus den Filmen der 1950er Jahre.

Mit Freunden saßen wir im Pescatore. Dort, wo das Ufer von Borgo di Focce an das von Prino stößt.
Direkt am Meer, ohne Verkehrstrubel und ohne dass irgendetwas den weiten Blick einengte.  Wir waren so zeitig dort, dass wir den Vollmond als riesige Orange aus dem Dunst im Osten steigen sahen. Durch die Krümmung der warmen Luft war er spektakulär vergrößert.

Der Weg für den abendlichen Corso führte quasi durch die Tischreihen direkt an uns vorbei, so dass wir zum Natur-Spektakel auch noch Leute gucken konnten. Nach Westen flanierten die ersten jungen Frauen und Männer in Richtung der Strand-Discos, während die älteren Semester - etwas mehr angezogen - die Bänke unter den Palmen aufsuchten. Dazwischen wirbelten wie gerade aufgezogenes Spielzeug die Enkel. Keine Sekunde zu lang wurde für das Verputzen der Pizze vergeudet.

Eine magische Nacht wie die Rock-Röhre Gianna Nannini sie in ihrem erfolgreichsten Song besingt. Zum Mond wurde ja schon alles gesagt, erforscht, gedichtet und komponiert. Deshalb poste ich nur das Handyfoto, das gut als Kulisse für Carl Orffs Oper "Der Mond" passen würde:











Der Mond ist fort , der Mond ist fort, wer hat ihn denn gestohlen.Der Mond ist fort ,der Mond ist fort wer wird ihn wieder holen.Der Mond ist fort der Ast ist leer wir finden unsren Weg nicht mehr, Weg nicht mehr, Weg nicht mehr, wir finden, wir finden unsren Weg nicht mehr. Männer:Der Mond ist fort,der Ast ist leer,wir finden unsren Weg nicht mehr.Kinder:Ist ein böser Dieb gekommen hat das Licht hinweg genommen, hats wohl hinterm Berg vergraben wo alle Leute fragen Alle:Wullehu!Wullehu!Wullehu!Wullehu!Wullehu!Finsternis,Finsternis.Finsternis,Finsternis deckt alles zu.Männer:Verdammter Schulttheiß gib uns den Mond her wir wollen, wollen,wollen,wollen,wieder unsren Mond.