Dienstag, 26. Juni 2012

Mamma Giardini

Zur Abwechslung wieder mal ein regulärer Burgbrief:


Das Verhältnis "Herr und Hund", wie es Thomas Mann in seiner gleichnamigen Parabel aus dem Jahre 1918 schildert, bekommt hier im Borgo ganz eigene Perspektiven. Das liegt nicht an der deutlich gesunkenen Zahl herrenloser Vierbeiner, sondern vielmehr an der Tatsache, dass die wegen der Gemeindverordnung  mittlerweile ordentlich an der Leine Ausgeführten überwiegend von "Frauchen" begleitet werden. Mit einer Ausnahme: Bandito.

In Wirklichkeit heißt er natürlich nicht so, aber auch Tiere haben eben in meinem Blog ein Anrecht auf einen "nom de plume". Bandito also ist eine hinreißende Pfeffer-und-Salz Promenadenmischung in Jack-Russel-Größe. Er ist deshalb nicht ganz weiß, weil aus seinem Kurzhaarfell regelmäßig längere schwarze Haare sprießen. Der Anflug von Verwegenheit wird aber von einem großen, schwarzen Fleck über seinem rechten Auge geprägt. Klar, dass so ein Hund von Haus aus Narrenfreiheit hätte, aber sein Befreitsein beruht hier auf einer anderen Funktion. Er ist nämlich ein Vorbote.

Sobald Bandito die Burg betritt, ist jeder quasi offiziell informiert, dass Signora Giardini im Anmarsch ist. Signora Giardini kümmert sich um die Pflanzen und Bepflanzungen in den verschiedenen Ortsteilen und ist im  Rahmen dieser Tätigkeit auch die Chef-Unkrautvernichterin  und -Laubbläserin in den Gassen. An den Tagen, an denen sie nur mal kurz zum Gießen kommt, wäre ihr Vorbote gar nicht nötig, denn das macht die rüstige 60igerin ja sehr diskret.

Die Vorwarnung macht hingegen immer dann Sinn, wenn sie mit ihren schweren Waffen den Borgo betritt. Dann sieht sie nämlich mit ihrem Vollvisier-Helm und dem Brust- und Bein-Harnisch so erschreckend aus wie Boba Fett der Weltraum-Kopfgeldjäger aus den StarWars. Allein auf diesen Anblick vorbereitet zu sein, machte die Arbeit von Bandito schon lobenswert. Aber wenn er gewissermaßen von Piazza zu Piazza vorausprescht, weiß jeder, dass der ganze Ort gleich erschüttert wird wie beim legendären Angriff der Klon-Krieger.

Kein Zweifel, die Signora braucht ihre Rüstung, denn sie setzt ihren Feinden mit einer derart erbarmungslosen Verbissenheit zu, dass dem nicht nur das Kraut nicht gewachsen ist, sondern auch Mauerteile und schwereres Geäst wie Geschosse auf sie zufliegen. Erst kommt der Draht propellernde Hand-Mäher - allerdings in seiner schweren Ausführung, wie ihn auch unsere Olivenbauern zwischen ihren Ölbäumen verwenden. Dann wird mit einem Laubbläser nachgepustet, der möglicherweise einmal ein Geländemotorrad war. Jedenfalls kaum hat Signora Giardini den angeworfen, schallt es durch die Burg, als sei ein Motorrad-Grandprix gestartet worden.

Für die feinen Ohren von Bandito wäre das natürlich eine quälerische Belastung. Deshalb hat er seiner Vorboten-Aufgabe längst schon einen Zusatznutzen abgewonnen. Wird es ihm durch das lärmend herannahende Frauchen zu ungemütlich, verkriecht er sich bei der permanent unter Hunde-Entzug leidenden zweitbesten aller Ehefrauen in der Küche . Wohl wissend, dass dort stets eine Scheibe Schinken oder ein Zipfel Salami auf ihn wartet.

Übrigens muss niemand fürchten, dass dieser vierbeinige Freibeuter jemals seine Funktion nützt, um selber mal eine Tretmine zu legen. Das wagt er einfach nicht - Hat  er ja oft genug mitbekommen, wie gottserbärmlich die Giardini flucht, wenn sie so eine Hinterlassenschaft beseitigen muss...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen